Theologische Erläuterung des Segens

Was ist Segen?
Segen – das sind kraftvolle Worte im Auftrag Gottes. Sie können für sich stehen. Sie können aber auch begleitet und sichtbar gemacht werden durch Zeichen und Gesten. Dazu gehören erhobene Hände. Oder Hände, die anderen auf den Kopf oder auf die Schulter gelegt werden.

Im Segen wird Menschen Gottes Begleitung zugesprochen, sie können darin Gottes Liebe erfahren. Wer segnet, tut dies im Auftrag Gottes und nicht aus eigener Kraft. Insofern ist ein Segen eigentlich immer eine Segensbitte, denn Gott behält sich seine Realisierung vor. Ein Segenswort ist also keine Zauberformel und keine magische Handlung, die irgendein Geistergeschehen in Gang setzen würde.

Was kann ein Segen bewirken? 
Wer Segen empfängt, kann eine innere Öffnung und eine intensive Gemeinschaft erleben. Danach können positive Dinge geschehen, die man als Folge dieses Segens erleben und interpretieren kann. Es sind in biblischen Begriffen: Gnade, Friede, Schutz, Nachkommen und Reichtum. In modernen Begriffen: göttlicher Beistand, Erfolg, Glück, Lebenserfüllung, Bestärkung, Kraft und Menschen, die einem gutes tun. Segen kann auch sein, sich in schwerer Not gehalten zu wissen und die Kraft zum Durchhalten zu finden. Segen kann sein, getröstet und zuversichtlich sterben zu können.

Der evangelische Gratulations-Kanon zum Geburtstag bringt die elementaren Wunschthemen auf den Punkt: „Viel Glück und viel Segen auf all deine Wegen. Gesundheit und Frohsinn (alternativ: Wohlstand) sei auch mit dabei.“

Eine Folge des Segens kann, ja soll es sein, zum Segen für andere zu werden. Die Bibel berichtet, dass Gott zu Abraham sagt: „Ich will dich segnen und du sollst ein Segen sein.“ (Genesis)
Ein Lied im Gesangbuch drückt es so aus: „Vertraut den neuen Wegen und wandert in die Zeit.
Gott will, dass ihr ein Segen für seine Erde seid.“ (EG 395, 2)

Wo wird gesegnet? 
Der Segen ist ein fester Bestandteil jedes Gottesdienstes. Eine besondere Rolle spielt er bei Taufen, Konfirmationen, Trauungen und Bestattungen (Aussegnungen), die Übergänge im Leben markieren und damit die latente Gefährdung des Lebens ins Bewusstsein rücken. Doch ist der Segen nicht auf eine Kirche oder einen Gottesdienst beschränkt. Menschen können einander überall segnen. Und sie können überall einander zum Segen werden.

Wer darf segnen? 
In der Bibel segnen Menschen im Gottes Auftrag. Das sind Priester, Propheten, Väter und viele andere. Segnen kann, wer Gottes Nähe herbeisehnt. Berühmt ist der Segen, den jüdische Familien einander zum Sabbath sagen, und der in christlichen Gottesdiensten gesprochen wird:
„Der Herr segne dich und behüte dich.
Der Her lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig.
Der Herr erhebe sein Angesicht auf dich und schenke dir seinen Frieden.“
(Aaronitischer Segen)

Wer darf gesegnet werden? 
Alle, die ihr Leben im Angesicht Gottes führen und die ihr Leben unter Gottes Segen stellen wollen. Eine präzise Eigenleistung ist nicht vorgesehen. Aber es gibt auch keine Garantie auf seine Wirkung. Deshalb werden in der Evangelischen Kirche Menschen ohne Ansehen der Person gesegnet. Das gilt für Brautpaare genauso wie für gleichgeschlechtliche Paare, die ihre Beziehung unter Gottes Segen stellen wollen.

Können Tiere, Gebäude und Autos gesegnet werden? 
Der biblische Befund zum Thema Segen ist reichhaltig und vielschichtig. In der Schöpfungsgeschichte werden die erstgeschaffenen Tiere – Fische und Vögel – gesegnet: „Gott segnete sie und sprach: Seid fruchtbar und mehrt euch und erfüllet das Wasser im Meer und sie Vögel sollen sich mehren auf Erden. (1.Mose1,22). Meist werden allerdings Menschen gesegnet.
Während die Tiere unbeschadet unter dem Schöpfungssegen Gottes stehen, ringen Menschen immer wieder neu um ihr Verhältnis zu Gott. Sie sind von Schuld und Sünde bedroht, deshalb bedürfen sie der ständigen Vergebung und der erneuerten Zuwendung Gottes, die sie im des Segen erleben können. Deshalb gilt nach evangelischer Tradition der Segen den Menschen. In ihnen kann der Segen auch das Tier erreichen, das sie haben, das Haus, das sie beleben oder das Auto, das sie nutzen. An dieser Stelle gibt es einen Unterschied zur katholischen Kirche, die auch ein Häuser und anderes segnet.

Warum sehnen sich Menschen nach Segen? 
Menschen sind frei, sie können autonome Entscheidungen treffen. Sie können Verantwortung für etwas übernehmen und Schuld auf sich laden. Doch sie erleben: Es gibt eine Macht jenseits ihrer Selbst und auch jenseits von Logik und Physik, die den Verlauf des Lebens verändern kann. Manche nennen diese Macht Gott, andere Schicksal. Menschen sind immer gefährdete Wesen, die auf Schutz und Bewahrung angewiesen sind. Ob das Leben letztlich gelingt, hat niemand im Griff. Christen bitten deshalb Gott darum.

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